“I hob kane Lire und kane Papiere“ Reinhard Fendrich 1981 als passende akustische Einstimmung zur Zeitreise. Aus dem Radio des Autobusses vom Bahnhof Payerbach zum Preiner Gscheid. Aussehen tut‘s ja hier fast noch genauso wie damals. Na gut, Retro ist derzeit wieder einmal stark angesagt, aber mit dem generellen Hype um das Sommertheater Reichenau und dem Rückzugstrend bestimmter Wiener Wohlhabender hierher, hätte ich mir mehr Schwung erwartet. Teilweise, um das Theater herum, sind die Häuser renovierter und es gibt ein paar schicke Lokale, aber in Hirschwang ist es trist, nachdem die Neupack weg ist. Die Gegend hat noch immer den morbiden Charme imperialistischen Verfalls.
So wie ich hier die frühen 1970er Jahre erlebte, als ich die Klettertage im düsteren Weichtalhaus im Höllental verbrachte. Damals zeichnete sich die Kletterszene durch nicht gerade gesellschaftlich korrektes Verhalten aus. Schlechtwettertage wurden unter anderem damit verbracht, mit einer Brechstange riesige Felsblöcke donnernd ins Höllental zu befördern. Vor allem aber die Winterwochenende bleiben mir in Erinnerung, wo nur mehr der alpine Hardcore im Weichtal war und Westalpenwettersturzklettern übte, soll heißen, sich durch tief verschneites Grasfelsbruchgelände hoch grub, bis es (früh) finster wurde und man schauen musste, wie man zur Frau Rottensteiner in die warme Stube kam.
Aber diesmal war es zum ersten Mal seit langem, dass ich wieder auf einen „richtigen“ Berg stieg, wenn man die Rax so nennen kann. Vom Preiner Gscheid übers Waxriegelhaus und Seehütte zur Seilbahn Bergstation. Alles scheint aber steiler und länger geworden zu sein?! Vor allem der Weg von der Seehütte zum Ottohaus. Das war doch früher ein Spaziergang!
Vom Gscheid aber zum Waxriegelhaus ging‘s flott. Etwas über 35Minuten. Ja, bergauf ging’s flott, auch mit schwachem linken Fuß. Alte Berglaufgefühle kamen wieder auf. Heißt aber heute nicht mehr so, sondern „Trail Running“. Dazu braucht man vor allem das entsprechende Outfit, um in den Bergen cool auszusehen. (Früher – ganz früher – hieß das: „zünftig“). So wie zwei Frauen, die an mir im Ebenen vorbeispazierten. Bekleidet waren sie mit Trailrunningschuhen, eng anliegendes Laufdress, Kompressionsstutzen und vor allem mit dem Trailrunningrucksack. Das ist ein Textilteil, das aussieht wie Jackentaschen ohne Jacke. Ja und noch die ultra light Trail Running Stöcke. Aber die Damen liefen nicht, sondern spazierten dahin, ähnlich den Nordic Walkerinnen. Sahen aber unheimlich verwegen aus.
Ich war dann froh, diesmal mit der Seilbahn ins Tal fahren zu können. 1000m Abstieg wären mir zu viel gewesen. Nächstes Mal vielleicht, sollte ich die Weltreise mit öffentlichen Verkehrsmittel wiederholen. Die Busverbindung zum Preiner Gscheid ist noch immer am gleichen Stand wie vor 40 Jahren, als nur Menschen zweiter Klasse nicht mit dem Auto fuhren.


