Bergspektiven

  • Älter werden ist wie der Abstieg über einen langen Grat. Meist geht es bergab, doch sind auch Gegensteigungen zu überwinden. Es liegen noch Gipfel auf dem Weg, wo man an Abenteuer früherer Jahre erinnert wird.
  • Berge können über verschiedene Routen erstiegen werden. Sowohl leichte und lange Anstiege, als auch steile und gefährliche Kletterein. Aber bei allen ist das Ziel oben angekommen zu sein.
  • Nicht jeder Gipfel braucht ein Gipfelkreuz. Du selbst bestimmst, wo „Oben“ ist.
  • Manche Routen gewinnen erst in der Erinnerung an Glanz. Die Zeit läßt Mühen und Ängste vergessen.
  • Manchmal ist der Schatten des Berges länger, als der Berg hoch ist.
  • Je nach Licht gibt die Wand ihre Strukturen preis.
  • Von vorne sehen viele Wände steiler aus als sie sind.
  • Steile Wände haben oft große Griffe. Flache Platten sind oft glatt.
  • Was in der Ferne wie ein Griff aussieht, ist manchmal bloß eine dunkle Stelle im Fels.

  • Sanftes Licht bringt Farben zur Geltung. Aber – auch wenn es die Augen schmerzt – erst im Gegenlicht gibt die Kontur die wahre Form preis.
  • Aus der Ferne sind Wolken oft nicht von Bergen zu unterscheiden.
  • Über der Nebeldecke scheint die Sonne. Wer die Mühen des Aufstiegs auf sich nimmt, sieht die Welt im klaren Licht.
  • Manchmal ist es nötig sich an der schmerzhaft im Riss verklemmten Hand hochzuziehen, um einen Absturz zu vermeiden.
  • Wer radikal neue Wege geht, muß gegen den Strom der Konvention schwimmen. So lange, bis dir die Kraft ausgeht.

Aphorismen und Artwork: James Gilbert Skone

Realtime|Dreamtime

Dreamtime sei der kontinuierliche Prozess des Werdens und Vergehens meinen die Aborigines. Er begann vor Ewigkeiten und wird bis in die Zukunft andauern.

Doch nun im winterlichen Realtime umfließen Nebelschleier Bäume und Häuser. Wo ist ihr Anfang, wo ihr Ende? Ihre Spitzen verschwinden im grauen Nichts. Der Nebel schweigt dazu. Wege verfließen. Einem Schlafwandler gleich bewege ich mich schwankend auf meinen Traumpfaden, meinen Walkabouts. Der Nebel treibt Späße mit meiner Wahrnehmung. Die Welt leuchtet nicht, ihre Farben flüstern. Manchmal aber brüllt ein Ort, einer seiner Farbtöne wehrt sich gegen die winterliche Prüderie. Visuelle Songlines, die mir den Weg weisen, gleich den Liedern der Aborigines, ihren Orientierungshilfen im Busch.

Tag und Nacht verrinnen. Die Realität des Tages setzt den Nachttraum fort. Ich wache schlafend oder schlafe wachend. Träume Tag, träume Nacht. TAG NACHT Tag Nacht tag nacht…

…der vor Ewigkeiten begann und bis in die Zukunft…

Aus meinem Traumtagebuch
Aus meinem Traumtagebuch

Burgenland

Auf meinen winterlichen Traumreisen – weil ich mich in diesem Nichtlicht wie ein Schlafwandler bewege – war ich im transdanubischen Burgenland. Ich wollte mir die Jedlerseer Trutzburg “Karl Seitz Hof”einmal näher anschauen (sozusagen der Rückkehr der Jedli(seer) Ritter). Sie thront mächtig über alle anderen umgebenden Volkswohnheimen des roten Wien. Vor Jahren hatte ich mich mit dem Rad einmal dorthin verirrt und habe mir vorgenommen zurückzukommen. Jetzt gehe ich gerade im Winter gerne auf Reisen. Daheim. Im persönlichen Terra incognita.

Ich fühlte mich wie “A ghost in a ghost town” (Copyright Jager, Richard?). Endlose weite Innenhöfe wo perspektivische Einsamkeit herrscht. Billa und Spar miles away. Mit einem Rollator eine Marathondistanz. Kein Mensch in Sicht. Nur ein Burgfräulein im Gewand einer Straßenaufsicht putzte den Gehsteig. Wir grüßten einander freundlich. Insgesamt mit all’ den Gemeindebauten, Dessau DDR revisited. Aber zwischen der konzentrierten Nüchternheit kleine Gassen mit schönen niederen Gründerzeithäusern mit renovierten Fassaden. Die Ambrossche(n) “Blume(n) im Gemeindebau”.

Dann mit U6 back to the other side of the track, zur Josefsstädter Straße nach Boboland. Die kleinen Läden und die gestylten, freundlich beleuchteten Auslagen mit ihrem Luxustrash ein Kontrast zum vorher Erlebten. Aber es erschien mir wie die Rückkehr aus der Wüste, aus der architektonischen Leere einer der bedeutendsten Phasen Wiener Sozialgeschichte.

Es war ein nachmittäglicher Kurzurlaub in einer anderen Stadt. Dazu braucht es kein Flugticket.

It’s Only Rock

Felsen: Skulpturale Formen, durch die Natur geschaffen. Als Gestalter von Industrieprodukten habe ich mich immer schon mit der Gestalt von Objekten beschäftigt. Oberflächen, Strukturen, das Farbenspiel und das Zusammenwirken von Flächen und Konturen waren meine Leidenschaft. Abgesehen davon, dass ich mir Gedanken über den praktischen Nutzen und die Herstellbarkeit machem musste.

Als Kletterer machen mich Felsformen und Wandstrukturen neugierig. Ich „begreife“, „besteige“ sie, indem ich sie anfasse und daran höher steige. Dadurch entwickelt sich eine intensive physische Wahrnehmung der Berge. Sie sind mein Erlebnisraum. Instinktiv suche ich immer, wenn ich vor einem Felsen oder einer Wand, auch – zur Not – Hausmauer – stehe, eine Durchstiegsmöglichkeit. Auch wenn ich nur spazieren gehe.

Manche Felsen fordern mich auf, sie als Grundlage für eine Zeichnung zu nützen. So nehme ich den Berg wieder neu wahr. Ich muss die visuelle Information des dreidimensionalen Raumes aufs flache Papier bringen. Wie bei einer Durchsteigung gibt es dabei Tage, wo mir das Zeichnen leichter fällt, oder wo ich mich um ein einigermaßen zufriedenstellendes Ergebnis sehr bemühen muss.

Der Vorteil dabei: Beim Klettern kann man ‚runterfallen, beim Zeichnen fällt einem höchsten der Bleistift aus der Hand.

Madeira
Engadin Lagalp
Rax, Preinerwandplatte
Dunkelsteiner Wald
Dunkelsteiner Wald
Arco
Hohe Wand (Perspektive stark verkürzt).
Wales, Küste Pembrokeshire

Nebelrausch und Farbenmeer

Ersehnter Anruf im falschen Moment,

der heutige Herbst. 

„Positiv“ gefesselt, pandemisch beengt,

die verlorene Zeit.

Freudig skizziert, im Geiste verwahrt,

sind Bilder von gestern

Die Zukunft steht offen, von Hoffnung getragen,

morgen im Frühling

Terra incognita bei Wien

Die letzten Sommertage. Heimurlaub, Tagesausflüge. Mit dem Bike Orte entdecken, die wir noch nicht kennen. Unbekannte Felsen beklettern. Notopo, wieder vom Boden weg in Neuland einsteigen. Nicht wissen, wo die Reise hinführt. Dabei werden wieder 10 bis 15m hohe Felsen zu Abenteuern für Oldies. Auch wenn der Schwierigkeitsgrad dann kaum mehr als 3-4 ist. Talk about Risikogruppe!

NoTopo im Gneis, im Reich der Siebenschläfer
Im Gneis
Namenloser Felsen, die Schwammerln sind vom Pips
Im Piestingtal
Im Piestingtal. Oje, Krista hat einen Zwetschkenbaum entdeckt, das kann dauern!
In den Weiten des Weinviertels
Auf ruppigen Feldwegen und kurzen, giftigen Anstiegen im Weinviertel. Die liebliche Landschaft täuscht. Manche MB Routen sind ganz schön anspruchsvoll.

Naturraum oder Sportarena

Eine Gedankenskizze, ausgelöst durch ein paar Tage im Engadin und im Maltatal.

Als jemand, der den Bergen in verschiedensten sportlichen Formen gegenübertritt, muss ich mir die Frage stellen, welche Bedeutung der alpine Raum eigentlich wirklich für uns hat. Befinden wir uns dabei nicht in einer paradoxen Situation, nämlich einerseits der Wunsch uns in einer möglichst naturbelassenen Landschaft zu bewegen, anderseits wollen wir die Berge doch als eine sportliche Herausforderung wahrnehmen? Gerade jetzt, wo ich durch meine – als zur Seniorenrisikogruppe zugehörig – bestimmten körperlichen und psychischen (sprich “Ängste”) Einschränkungen gerne Hilfsmittel in Anspruch nehme. Sei es die Trekkingstöcke zum Auf- und Abstieg oder die Bohrhaken in den Plaisierrouten unteren Grades. Ganz zu schweigen vom Abstieg mit der Seilbahn oder den ausgeschilderten Mountainbikerouten oder, usw. Aber mit dem E-Bike lasse ich mir noch Zeit. Wahrscheinlich weil die unterschwellige Werbung derartig penetrant ist, dass sie in mir Oppositionsgefühle weckt.

Mir ist diesmal sehr bewußt geworden wie sehr wir uns in einer Bereitstellungsgesellschaft befinden, wo möglichst vielen Menschen (zumindest in unserer westlichen Gesellschaft) alles Erdenkbare angeboten werden soll. So auch in den Alpen. Sie haben wirtschaftliche Bedeutung erlangt, bieten dabei Arbeitsplätze und Wohlstand für eine Bevölkerung, deren Elterngeneration noch in vielen Alpentälern unter sehr bescheidenen Verhältnissen leben mussten. So ist die Schaffung einer sportlichen Infrastruktur nachvollziehbar und verständlich. Dennoch muss es uns bewußt sein, dass der Berg zunehmend zur Ware geworden ist. Das ist eine kritische Transformation. Durch den Eintritt in, und durch die Gestaltung der Bergwelt ist der Naturraum längst zum Kulturraum geworden. Aber jetzt vollzieht sich der Schritt zur Sportarena. Das ist ein Faktum, Naturromantiker mögen mir verzeihen. Der Schritt also ist an vielen Orten schon vollbracht. Manche machen’s besser. Vom Maltatal bin ich diesbezüglich sehr beeindruckt. Die Zukunft liegt im Alpenraum in der Landschaftsgestaltung, im umsichtigen Design eines sensiblen Raumes, wo man sich bewußt ist, dass die Berge das Kapital sind, das man nicht verspielen darf. Design heißt aber nicht, dass alles erschlossen und gestaltet sein muss. Gezielte Planung beinhaltet auch Räume, die unberührt bleiben sollen. Sozusagen künstliche Naturräume. Falls wir das schaffen?

Anbei ein paar Skizzen von meinen diesmaligen Landschaftseindrücken.

Maltatal Langkar
Maltatal
Susch im Unterengadin
Seitental des Fluelapasses
Val Roseg
Piz Roseg
Berge bei S-Carl
Berge im Val Sasauna

Weites Weinviertel

Ein paar Impressionen von unseren Entdeckungsreisen durch die Felder, Wälder und Hügeln des Weinviertels am Mountainbike. Garantiert keine Touristen und eindrucksvolle Routen.

Going Local

Iphonische Fingerscribbles, den Anstieg durch eine Skizzenpause unterbrechen, auf Felsen herumkrabbeln, die unbekannten Gebirge des Weinviertels mit dem Mountainbike erobern, aus bunten Papieren die erlebten Landschaften zusammenkleben. „Die waren Abenteuer sind im Kopf„ ,hat André Heller einmal gesagt. Oder ist es nur die Bereitschaft die Welt neu wahrzunehmen? „Den Scheinwerfer einmal anders auf etwas zu richten“ (oder so ähnlich) hat Robert Pfaller einmal gemeint. Besser aber: „Just Do It“ , so wie ein bekannter Turnschuhhersteller sagt. So wird die Umgebung Wien‘s zur Inspirationsquelle für neues.

Am Marchfeldkanal
Am Bisamberg
In den endlosen Weiten des Weinviertels (Iphone Finger Scribble)

Marmorsteinbruch, Fischauer „Berge“
Im Föhrenwald (Iphone Finger Scribble)
Rax, Brandschneide. Meine ersten 1000 Höhenmeter nach dem Kretaabsturz. (Iphone Finger Scribble)
Rax, Brandschneide (Iphone Finger Scribble)
Hoher Stein im Dunkelsteinerwald
Hoher Stein (Inspired by…, Iphone Finger Scribble)
Mamorsteinbruch, Fischauer Berge
Marmorsteinbruch, Fischauer Berge
Rax, Brandschneide
Rax, Brandschneide
Felsen in Dürnstein (Iphone Finger Scribble)
Lobau (Iphone Finger Scribble)

Mit dem Finger auf dem iPhone

Angeregt von David Hockneys Skizzen auf iPhone (Hockney.com/works/digital/iPhone), wollte ich es selbst einmal versuchen. Das ist eine ganz schöne Herausforderung, die Bildinformation auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, um mit dem rechten Zeigefinger am iPhone auf einem Kinderzeichenprogramm zu zeichnen!

Blühender Busch
Steinbruch
Gefällte Bäume
Felsen in Dürnstein
Mit zittriger Hand!
Schiefe Bäume im Wienerwald
Im Wienerwald
In der U-Bahn
Am Kinderspielplatz

Risikogruppe

„No risk, no fun“ oder den Ego unterdrücken, sich dem Ganzen unterordnen? Solidarität statt Selbstverwirklichung. Meine Generation waren als Kletterer Freaks, Außenseiter, „living on the edge“, Grenzgänger. 

Nun erzeugt die regelmäßig stattfindende ORFshow von Captain Short and his Coronaboys flaue Gefühle in meiner Magengrube. Wie bei der Zeugnisvergabe seinerzeit in der Schule. Die Rollenverteilung der Regierungsband ist gut orchestriert. Der Frontman als kühler Oberlehrer, dann der leutselige Volksnahe, der Empathisch-Verbindliche und der Mann fürs Grobe. Ich fühle mich entmutigt. „No Future“ Zirren erscheinen plötzlich am seelischen Horizont. Im Facebook herrscht rückwärtsgewandtes „Yesterday all my troubles seemed so far away“. Kinderfotos und alte Urlaubsbilder – wie langweilig. Das verstaubte Familienalbum wird vom Dachboden hervorgeholt.

In mir regt sich WIDERSTAND! 

Doch Hinausgehen ist eine Mischung aus Schuldgefühlen und Paranoia. In meinem Alter sollte man ja gefälligst daheim bleiben, heißt es. Entgegenkommende könnten ja Vervirte sein. 

Aber mit dem Rad läßt sich’s flüchten. Mit Krista entdecke ich neue Mountainbikewege am Bisamberg und in den Mannswörther Donauauen. Wir erschließen weiße Flecken auf unserer persönlichen Landkarte. 

Draußen spielt es gerade Frühling. Und wie! Sozusagen Sommervorschuß mit viel Sonne und warmen Tagen. Meine saisonalen Kletterinstinkte erzeugen in mir Unruhe. Kletterer denken nicht an Risiko. Zumindest nicht vordergründig, weil Abstürzen tun ja eh nur die Anderen. Der erhobene Zeigefinger der Coronaboys bewirkt aber ein bisschen schlechtes Gewissen, als ich den warmen Fels endlich berühre. Wie beim Apfelstehlen in Nachbars Garten, oder beim Schwarzfahren in der U-Bahn.

So allein, wie im Dürnsteiner Klettergarten, waren wir noch nie. Es ist ein ganz besonders schöner Tag als Lohn für die Bereitschaft, gesellschaftliche Regeln zu mißachten. Apropos Risikogruppe.  Ein paar Tage später werden wir mit einem Schlag wieder daran erinnert, dass Klettern riskant sein kann, nachdem ich Krista sehr schnell entgegenkommen musste. Wieder mit einem ausbrechenden Griff. Das Zigeunerloch. Die Route erschien harmlos, ein Felsgrat unter dem Laubdach der Bäume in den Fischauer Bergen. Zum Glück – nix is passiert. Krista und der Sicherungshaken unter mir haben den Sturz nach ein paar Metern gehalten.

Aber im Ernst: Bitte das kokette Augenzwinkern zu entschuldigen! Ich bin froh über die raschen Entscheidungen der Regierung, mit all den Fragezeichen, die dabei entstehen. Auch Regieren ist nicht frei von Risiken, ob rechtlich, wirtschaftlich oder gesellschaftlich.

Politik ist daher letztlich auch „Risky Business“ und die Verantwortlichen eine Risikogruppe, aber im entgegengesetzten Sinn.

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Biking Bisamberg

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Biking Bisamberg

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Dürnstein

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Dürnstein

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Zigeunerloch Fischauer Berge