Ein paar Impressionen von unseren Entdeckungsreisen durch die Felder, Wälder und Hügeln des Weinviertels am Mountainbike. Garantiert keine Touristen und eindrucksvolle Routen.

Ein paar Impressionen von unseren Entdeckungsreisen durch die Felder, Wälder und Hügeln des Weinviertels am Mountainbike. Garantiert keine Touristen und eindrucksvolle Routen.
Iphonische Fingerscribbles, den Anstieg durch eine Skizzenpause unterbrechen, auf Felsen herumkrabbeln, die unbekannten Gebirge des Weinviertels mit dem Mountainbike erobern, aus bunten Papieren die erlebten Landschaften zusammenkleben. „Die waren Abenteuer sind im Kopf„ ,hat André Heller einmal gesagt. Oder ist es nur die Bereitschaft die Welt neu wahrzunehmen? „Den Scheinwerfer einmal anders auf etwas zu richten“ (oder so ähnlich) hat Robert Pfaller einmal gemeint. Besser aber: „Just Do It“ , so wie ein bekannter Turnschuhhersteller sagt. So wird die Umgebung Wien‘s zur Inspirationsquelle für neues.
Angeregt von David Hockneys Skizzen auf iPhone (Hockney.com/works/digital/iPhone), wollte ich es selbst einmal versuchen. Das ist eine ganz schöne Herausforderung, die Bildinformation auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, um mit dem rechten Zeigefinger am iPhone auf einem Kinderzeichenprogramm zu zeichnen!
„No risk, no fun“ oder den Ego unterdrücken, sich dem Ganzen unterordnen? Solidarität statt Selbstverwirklichung. Meine Generation waren als Kletterer Freaks, Außenseiter, „living on the edge“, Grenzgänger.
Nun erzeugt die regelmäßig stattfindende ORFshow von Captain Short and his Coronaboys flaue Gefühle in meiner Magengrube. Wie bei der Zeugnisvergabe seinerzeit in der Schule. Die Rollenverteilung der Regierungsband ist gut orchestriert. Der Frontman als kühler Oberlehrer, dann der leutselige Volksnahe, der Empathisch-Verbindliche und der Mann fürs Grobe. Ich fühle mich entmutigt. „No Future“ Zirren erscheinen plötzlich am seelischen Horizont. Im Facebook herrscht rückwärtsgewandtes „Yesterday all my troubles seemed so far away“. Kinderfotos und alte Urlaubsbilder – wie langweilig. Das verstaubte Familienalbum wird vom Dachboden hervorgeholt.
In mir regt sich WIDERSTAND!
Doch Hinausgehen ist eine Mischung aus Schuldgefühlen und Paranoia. In meinem Alter sollte man ja gefälligst daheim bleiben, heißt es. Entgegenkommende könnten ja Vervirte sein.
Aber mit dem Rad läßt sich’s flüchten. Mit Krista entdecke ich neue Mountainbikewege am Bisamberg und in den Mannswörther Donauauen. Wir erschließen weiße Flecken auf unserer persönlichen Landkarte.
Draußen spielt es gerade Frühling. Und wie! Sozusagen Sommervorschuß mit viel Sonne und warmen Tagen. Meine saisonalen Kletterinstinkte erzeugen in mir Unruhe. Kletterer denken nicht an Risiko. Zumindest nicht vordergründig, weil Abstürzen tun ja eh nur die Anderen. Der erhobene Zeigefinger der Coronaboys bewirkt aber ein bisschen schlechtes Gewissen, als ich den warmen Fels endlich berühre. Wie beim Apfelstehlen in Nachbars Garten, oder beim Schwarzfahren in der U-Bahn.
So allein, wie im Dürnsteiner Klettergarten, waren wir noch nie. Es ist ein ganz besonders schöner Tag als Lohn für die Bereitschaft, gesellschaftliche Regeln zu mißachten. Apropos Risikogruppe. Ein paar Tage später werden wir mit einem Schlag wieder daran erinnert, dass Klettern riskant sein kann, nachdem ich Krista sehr schnell entgegenkommen musste. Wieder mit einem ausbrechenden Griff. Das Zigeunerloch. Die Route erschien harmlos, ein Felsgrat unter dem Laubdach der Bäume in den Fischauer Bergen. Zum Glück – nix is passiert. Krista und der Sicherungshaken unter mir haben den Sturz nach ein paar Metern gehalten.
Aber im Ernst: Bitte das kokette Augenzwinkern zu entschuldigen! Ich bin froh über die raschen Entscheidungen der Regierung, mit all den Fragezeichen, die dabei entstehen. Auch Regieren ist nicht frei von Risiken, ob rechtlich, wirtschaftlich oder gesellschaftlich.
Politik ist daher letztlich auch „Risky Business“ und die Verantwortlichen eine Risikogruppe, aber im entgegengesetzten Sinn.
Am urbanen Rand träge fließendes braunes Donauwasser
Winterliche Scherenschnittbäume vor trübblauer Kulisse
Perspektivische Flucht – Linie als Wegweiser zur Unendlichkeit
Hobbithäuschen versteckt im Buschgeäst
Mit dem Rad gegen den Wind
Kein Gleiten auf schmalen Latten
Durch weißes Land
Getäuschte Jahreszeit
Vor ein paar Tagen bin ich von Felix Kromer daran erinnert worden, dass es jetzt im Februar 40 Jahre her ist, dass wir den Glaspalast erstbegangen haben.
Der Glaspalast am Taleingang vom Gasteiner Tal bei Klammstein ist höchstwahrscheinlich die erste lange, schwierigere Eisroute, die 1980 in Österreich geklettert wurde. (Laut bergsteigen.com 340m lang). Sicher aber die erste Eistour im Gasteiner Tal. Erich war aufgefallen, dass es in der Talenge am Anfang des Gasteiner Tales starke Eisbildungen gab. Die Begehung wurde vom ORF für die damalige Sendung „Sport am Montag“ unter der Leitung von Bernd Seidel gefilmt und erfolgte über zwei Tage mit einem Biwak in einer Eishöhle unter dem dritten Aufschwung. Unsere Ausrüstung war, der damaligen Zeit entsprechend, rudimentär. Zum Sichern hatten wir aber – zum Glück- einige Russische Eisschrauben mit, die Erich und ich bei einem Kletterbewerb in Georgien davor erworben hatten. Erich kam dann nur mehr mit seinen Clogs an den Füßen zurück, da wir fast unsere gesamte Ausrüstung und er alle seine Schuhe gegen „Titan“ eingetauscht hatte. Diese Schrauben waren – es waren ja noch sowjetische Zeiten – in irgendwelchen Stahlwerken „außerhalb der Arbeitszeit“ hergestellt worden und unterschieden sich untereinander stark im Design und in der Anwendungsform.
Die Pickel waren noch von uns modifizierte“ Stubai Rupal Geräte (ja, die mit den grünen Plasikschäften, nicht gerade safe, da die Kopfteile nur mit den Schäften verklebt waren!) Also Pickel, die für alpine Eisflanken konzipiert waren und nicht für gefrorenes Wassereis. Dazu Lederbergschuhe und mit Riemen befestigte Chouinard Steigeisen. (Sehr hart geschmiedet, super für „mixed“ Climbing, aber gelegentlich snappte eine Zacke ab. So bin ich viele Jahr mit einem Sondermodell geklettert – 11 Zacker!)
Kleines Detail am Rande. Ein Jahr später traf ich einen sehr bekannten Salzburger Kletterer bei der ISPO Sportmessen in München. Er hatte noch nie etwas vom Klettern auf gefrorenen Wasserfällen gehört und verstand den Sinn davon als – sagen wir es so -sehr fragwürdig.
Der Glaspalast war der Auftakt für die Erschließung des Gasteiner Tales und seiner Nebentäler für das Eisklettern.
Erstbegehung: Februar 1980
Erstbegeher: Felix Kromer, Erich Lackner, James G. Skone
felsgeist
aus dem nebelhauch erscheine.
erzähle mir von deiner welt
der weite und dem grellem schnee
und vom horizont, dem land dahinter.
will entfliehen dem fluch der schatten,
hinauf ins helle träumereich.
buchen besen bäume
als
scheren schnitt horizont
im
winter wiener wald
sky blue
darts in superzeitlupe
kleben am himmel
so langsam
flugmüde
der zielscheibe schwechat
entgegen
gleich hinter den häuserbergen
Diesmal brachten wir Bilder mit nach Paleochera. Von Bergen, Felsen und Strandkiesel, von unseren Erlebnissen in den Kretischen Bergen. Die „NoTopo“ Ausstellung zeigte mir, dass ich, mit der Idee Klettern aus einer künstlerischen Perspektive darzustellen, eine neue bildliche Erzählform entdeckt habe.
Aber wir gingen auch. Oft 90° zur Hauptstraße. Dort wo man laut Rudi Homberger (oder doch John Muir oder…) am besten ein Land kennen lernt. Da sieht man in Kreta, wie die Natur verfallenes Mauerwerk bald wieder in Besitz nimmt. So machte ich wieder Skizzen von Steinen. Aber nicht als Kletterfelsen, sondern zu Mauern geordnet.
Ein Ausstellung im MAK, oder gar in der Tate Modern? Easy, wenn Du die richtigen Leute kennst. Aber in der einzigen kleinen Galerie in Paleochera in einer Ausstellung Klettern als Form von Landart darzustellen ist ein echtes „künstlerisches Abenteuer“. Eine kühne Idee an einem Ort fernab der etablierten Kunstszene. Sozusagen „Go Climb a Rock“ at „The Gallery at the End of the Universe“.
Diesmal ein paar skizzierte Eindrücke vom Umland von Arco und von Udine, das wir am Weg nach Arco besucht haben. Natürlich sind Krista und ich auch in Arco geklettert. Eine der Skizzen entstand in groben Strichen auf einem Standplatz einer Klettertour und einige beim Mountainbiken. Aber diesmal hat es mir mehr Spaß gemacht altes Mauerwerk anstatt Felsen zu zeichnen. No Rock, oder frei nach Jimi Hendrix: „Stone Free“.
Der Himmel durchfurcht vom Kondensstreifenraster, dazwischen Wattewolken. Keine Duftwatschen mehr, wie im Kretischen Frühling, sondern ein helles weites Einatmen. Es riecht bitter nach Fels oder scharf wie Firn. Frisches Gras duftet nach frühmorgendlichem Aufbruch und das Moos im Nadelwald riecht geheimnisvoll modrig. August in den Bergen, das Jahr entschleunigt sich.
Am Mountainbike
Schon bald nach dem Losrollen scheint der Fahrtwind die Alltagsprobleme von mir zu saugen. Dennoch – gerade beim langen, langsamen Aufwärtstreten – ziehen Gedanken dahin, wie Wolken am Himmel. Wo der Weg meine gesamte Aufmerksamkeit, meine Geschicklichkeit und meine Kraft fordert, verengt sich mein Wahrnehmungstunnel. Aber diesen zu durchfahren macht mich endlich gänzlich frei von den inneren Quälgeistern. Das Wechselspiel aus lockerem Dahinrollen, Gedankenspielen und dem Konzentrationstunnel ist wie Muskelanspannen und -dehnen. Oder so wie das Entwickeln von Ideen und das Lösen gestalterischer Aufgaben. Dabei beschäftige ich mich vorerst intensiv mit einer Aufgabe, bin ihr sehr „nahe“, bin in einem scheinbaren Tunnel. Dann gibt es den Moment des Loslassens, einen Moment der geistigen Befreiung, das lockere innere „Dahinrollen“. Aus dem Schatten tritt er nun, der Impuls, das Unerwartete, die Initialzündung, die meine Kreativität aufs Neue beflügelt.
Beim Gehen
Nun steige ich vom Mountainbike ab und werde den letzten Teil des Anstiegs bergauf wandern. Zu Fuß weiter gehen erinnert an den Ironman. Auch hier waren die ersten Laufschritte nach dem langen Radsplit sehr unsicher, fast eine konträre Bewegungsform. Also mühsam einen Schritt vor den anderen anderen setzen. Die nun zuletzt für das Bergsteigen erstmalig eingesetzten Stöcke helfen mir dabei das Gleichgewicht zu finden. Nun kommt mir der Berg entgegen, durch meinen langsamen Schritt. Nicht ich dem Berg, wie durch das Fahren mit dem Rad. So ist mein Wahrnehmungsfeld weit geworden, ich öffne mich für meine Umgebung. Der spätsommerliche Himmel bildet den blauen Hintergrund. Das klare Licht macht die Landschaft zur Bühne. Scharf konturierte Berge, Bäume und Felsen werfen starke Schatten.
Meine akustischen Sinne sind überwältigt von einem alpinen „Wall of Sound“. Der Bach dröhnt, donnert, rauscht, verstärkt durch den Hall des engen Tals. Aber der Wind spielt Begleitung durch sein unregelmäßiges „Huwohhh…,Huwohhh…,“ Diesmal sind es meine Ohrmuscheln, die den Klang formen. So wie ich zum Wind stehe, ändert sich der Ton. Irgendwo krächzt ein Kolkrabe. Ein schriller Pfiff eines aufgebrachten Murmeltiers durchbricht die Ruhe. Es läßt sich mit seiner Familie die warme Sonne auf den Pelz scheinen.
Ich glaube immer die Felsen, den Gneis, riechen zu können. Aber es ist wahrscheinlich nur der Nadelgeruch der Latschen und Zirben.
Am Felsen
Neue Felsen, unbekannt. Sie wirken abweisend. Flechten geben den Eindruck abbröckelnder Hausmauern. Nicht sehr einladend. Der erste Kontakt. Routenskizze versus Realität. You can‘t judge a book by looking at it‘s cover. Die gewählte Route sollte meinem derzeitigen moderaten Kletterstandard entsprechen, sieht aber steil aus. Ich versuche Strukturen zu erkennen, den Fels zu lesen, klettere im Geiste voraus. So wie ein Skirennläufer, nur in verkehrter Richtung, bergauf. Wo sind die Sicherungspunkte? Sie verschwinden im Felsfleckenmeer. Ich vollbringe die Einstiegsriten, indem ich den Klettergurt anlege, die Sicherungsschlingen am Gurt anordne und mich ins Seil binde. Krista hängt das Seil in das Sicherungsgerät. Wäre ich zur See, wäre das das Zeichen zum Ablegen.
Ich mache die ersten Schritte vom sicheren Boden weg. Es ist ein vorsichtiges Annähern an den Berg, die ersten Bewegungen eines physischen Dialoges mit dem Fels. Er bietet mir seine Strukturen an. Ich nütze mein Bewegungsrepertoire für den nächsten Schritt. So gewinne ich an Höhe, nütze die variierenden Bewegungsaufgaben für mein Greifen und Steigen. Nun bin ich völlig auf den Moment fixiert. Mein Kopf ist von jedem überflüssigen Gedanken befreit. Noch hält mich die Anspannung des Kletterns gefangen. Ich möchte wegen meines noch immer schwachen Fußes kein Sturzrisiko eingehen. Umlenkhaken, der „Gipfel“. Nun wieder zum Boden abseilen. Erst hier, wenn die Tour vollendet ist, tritt der Moment der völligen Entspannung ein, ein völliges inneres Loslassen. Nun sind alle Sinne auf Empfang eingestellt. Sehen, Hören, Riechen auf volle Sensibilität. Auch scheint hier eine ähnliche Tunnelerfahrung stattzufinden, wie beim Laufen oder Mountainbiken. Fordert einen die Kletterei, dann befindet man sich auch hier in einem Wahrnehmungstunnel, wo sich alle Sinne auf das Tun beschränken. Die Befreiung kommt danach in der Ruhe. Ist die Route subjektiv leicht, dann vergrößert sich der Wahrnehmungsraum. Man erlebt schon während der Tour seine Umwelt als gesamtes Sinneserlebnis.
„A day on Cloggy (eine der berühmten Wände in Wales) would clear my head like mint“ schrieb der kletternde Dichter Ed. Drummond in „A Dream of White Horses“. Ausdruck der Sehnsucht aller Bergbegeisterter.
In meiner Suche nach einem klaren Kopf und einem erfüllten Herzen sind mir Engadins Berge eine Inspirationsquelle.